Christliches Krankenhaus
Quakenbrück
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Psychiatrische Pflege im Christlichen Krankenhaus Quakenbrück

1. Einleitung und historische Entwicklung

Als die psychiatrische Klinik in Quakenbrück 1978 neu begründet wurde, musste die Pflege organisatorisch und inhaltlich erst aufgebaut werden.
Bis auf ganz wenige Ausnahmen bestanden keine beruflichen Erfahrungen in der psychiatrischen und psychotherapeutischen Pflege.
Seitdem bildeten sich Teams sehr berufserfahrener Pflegekräfte mit Spezialisierung auf einzelne Störungsgruppen heraus, die mittlerweile für eine neue Generation in den Pflegeberufen prägend ist.
Parallel zu der  allgemeinen professionellen Entwicklung und Qualifizierung der Pflege als Ausbildungs- und Lehrfach auf einer wissenschaftlichen Basis wurden auch in unserer Klinik ständige Prozessveränderungen realisiert.

Hierzu gehören beispielsweise:

  1. Die Implementierung einer zielgerichteten, operationalisierten EDV-gestützten Pflegeplanung mit individualisierten Pflegezielen und Evaluation ab 2006.
  2. Die Einführung einer klinikinternen, regelmäßigen Weiterbildung
    („Seminar Psychiatrische Pflege“) ab 2006.
  3. Die Ergänzung des klassischen psychiatrischen Tätigkeitsprofils
    durch die verschiedenen Pflegefunktionen in der Abteilung für Psychosomatik und Psychotherapeutischen Medizin.
  4. Die Einführung einer „Jahrestagung psychiatrische und
    psychosomatische“ als externe Weiterbildung für Pflegeberufe 2006.
  5. Die aktive psychotherapeutische Tätigkeit als Leitung von sog. „Themenzentrierten Gesprächsgruppen" nach dem TZI Konzept von R. Cohn auf jeder Station ab Herbst 2007.
  6. Die Einführung einer psychotherapeutischen Zusatzqualifikation und Zusatzbezeichnung „Co-Therapeut" für Pflegekräfte nach einer klinikinternen Prüfung am 1. 10. 2008.

 

2. Leitbilder und Grundkonzepte

In der wissenschaftlichen und Lehrbuchliteratur zur Psychiatrischen Pflege wurden in den letzten zwei Jahrzehnten inhaltliche Leitbilder und Grundkonzepte herausgearbeitet.
Bei aller Unterschiedlichkeit bestehen wichtige Gemeinsamkeiten und Grundüberzeugungen dahingehend, wie Gegenstand und Aufgaben von Pflege in Psychiatrie und Psychotherapie definiert werden sollen.
Ziel der Pflege ist es danach, durch gezielte Interventionen dem psychisch Erkrankten so zu begegnen, dass dieser seine gesundheitsbezogenen Defizite und Einschränkungen überwinden oder akzeptieren kann.
Die Wiederherstellung der psychischen Gesundheit mit Erreichen einer persönlichen Autonomie bleibt hierbei das oberste Ziel.
Bei Patienten mit chronischen psychischen Störungen soll nach Möglichkeit eine weitgehende Autonomie erreicht werden.
Bei den Interventionsansätzen der Psychiatrischen Pflege ergänzen sich hierbei sogenannte defizit- und ressourcenorientierte Konzepte.
Die Psychotherapie spielt in der Pflegeliteratur bisher eine untergeordnete Rolle, wird jedoch zunehmend wichtiger.
Hier können aus den bestehenden Konzepten der Psychiatrischen Pflege wichtige Gedanken für die Konzeptentwicklung einer psychotherapeutischen bzw. psychosomatischen Pflege gewonnen werden.
Hierbei wird das Berufsbild der Psychiatrischen Pflege um wichtige Dimensionen ergänzt und dadurch verändert.

Die Planung und Durchführung von Pflegeprozessen sollte im Interesse der Patienten aber auch der betroffenen Pflegekräfte einer nachprüfbaren Evaluation unterliegen.
Ziel ist es dabei, vorhandene Ressourcen von Mitarbeitern zu aktivieren und sie in den Dienst der Patientenversorgung zu stellen.

Patientennahes und effizientes bzw. ökonomisches Handeln in der Pflege schliessen sich nach unserem Verständnis keineswegs aus, sondern können sich fruchtbar ergänzen.

Ein Spezifikum unserer Klinik ist das christliche Menschen- und Leitbild.
Aus diesem sind ethische Werte abzuleiten, die unser professionelles berufliches Handeln begleiten und uns die Aufgaben sowie die möglichen Grenzen unserer Handelns bei psychisch erkrankten Menschen aufzeigen.
Die Reflektion ethischer Fragen nimmt in unserem Zentrum einen wichtigen Sellenwert ein, ethische Fallbesprechungen sowie das Ethikkommitee sind wichtige Orte ethischer Besinnung.

Die evidenzbasierte Medizin mit ihrer implizierten Anforderung an eine rationale Medizin steht nach unserem Verständnis keineswegs im Gegensatz zu einer humanen Pflege und Medizin in der Behandlung von psychisch Erkrankten.

3. Aufgabenbereiche

Die Aufgaben und Ziele der Pflege in Psychiatrie und Psychotherapie lassen sich in grundsätzliche Vorgehensweisen und spezifische, auf den einzelnen Patienten bezogene Aufgaben differenzieren.

Grundsätze pflegerischen Handelns

  • Aufbau einer pflegerisch-therapeutischen Beziehung zum Patienten durch verbale und nonverbale Kommunikation unter Berücksichtigung seines Krankheits- bzw. Gesundheitsgrades.
  • Adäquate Regulation von Nähe und Distanz.
  • Förderung der Selbstreflektion der Patienten sowie der Beziehungsgestaltung zu anderen.
  • Unterstützung und Förderung des Patienten, sich auf langfristige Beziehungen einlassen.
  • Gezielte Planung und Gestaltung des Endes einer pflegerischen Beziehung.
  • Aufbau alternativer und ergänzender Verhaltensweisen des Patienten im Sinne des Abbau gestörten Verhaltens sowie des Aufbaus konstruktiver Verhaltensalternativen durch qualifizierte Rückmeldung (Verhalten, Äußeres, Beziehung, Fortschritte).
  • Adäquate Gestaltung eines therapeutischen Milieus, insbesondere auf psychotherapeutische ausgerichteten Stationen.
  • Erkennen, erhalten und  fördern, neuer Bedürfnisse und lebenspraktischer Fähigkeiten zur Erhaltung der Lebensqualität.
  • Unterstützung der Patienten im Alltag, seine individuellen Wertvorstellungen, Möglichkeiten und Grenzen zu erkennen und gemeinsam neue Wege zu finden (u.a. Tages- Wochenstrukturierung, Hygiene, Haushalt, Freizeit, Umgang mit Krankheit/Behinderung).
  • Unterstützung in der Erarbeitung eines Krankheits- bzw. Störungsmodells.
  • Begleitung des Patienten bei den aus dem Störungsmodell resultierenden gesundheitlichen und psychosozialen Konsequenzen (welche Folgen hat die Erkrankung für den Patienten, was sollte er beachten, damit er möglichst gesund wird und kein Rezidiv erleidet).
  • Adäquate Information bezüglich Einsatzes und der Notwendigkeit der Psychopharmakotherapie sowie Förderung der Medikamenten-Compliance.
  • Austausch und Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen und psychiatrisch-psychosozialen Diensten.
  • Adäquater professioneller Umgang mit psychischen Krisen- und Notfallsituationen.
  • Individualisierte Dokumentation der Pflegeziele, des Pflegeprozesses mit kontinuierlicher Evaluation.

Reflektion und Evaluation psychiatrische Pflege:

  • Überprüfung, Hinterfragung und ggf. Modifikation pflegerischen Handelns auf der Grundlage der individualisieren Pflegezielplanung.
  • Adäquate und rechtzeitige Wahrnehmung von Emotionen im Umgang mit dem Patienten. Reflektion über mögliche Ursachen (in der Person des Pflegenden, in der Person des Patienten, in der konkreten Pflegesituation bzw. institutionelle Gegebenheiten bzw. des sozialen Umfeldes) und Entwicklung angemessener Verhaltensweisen, die zur Problemlösung beitragen.
  • Erkennen und beachten eigener Grenzen in der Bewältigung kritischer Patienteninteraktion.
  • Kritische Hinterfragung des eigenen professionellen Handels in Krisen und Ausnahmesituationen (u.a. Zwang, Gewalt, Suizid).

Einzelfallbezogene Aufgaben:
Zu diesen gehören:

  • Erkennen des Pflegebedarfs
  • Erhebung einer Pflegeanamnese
  • Eine differenzierte Krankenbeobachtung:
    Unter Beachtung bestimmter operationaler Beobachtungskriterien (u.a. äußere Erscheinung, Sozialverhalten, Orientierung, Schlaf, Stimmung, Antrieb, medikamtentöse Auswirkungen, Kommunikation, Fähigkeiten, Fertigkeiten) werden das Verhalten und die Äußerungen des Patienten systematisch auch unter Bezug auf sein soziales Umfeld wahrgenommen, protokolliert und verstanden.
  • Erkennen der  Bedürfnisse des Patienten für den Gesundungsprozess
  • Erkennen, Zuordnen und adäquate Reaktionen bei spezifischen psychopathologischen Symptomen (z.B. Suizidalität, Wahnideen, Halluzinationen, Aggressionen, Antriebsstörungen, Angst, Unruhe, manisch-depressive Verstimmungen, körperliche Auswirkungen)
  • Erkennen von Krisensituationen und Veränderungen im Verhalten sowie in der Stimmungslage

4. Professionelle Weiterentwicklung

4.1. Grundsätzliche Überlegungen

In der psychiatrischen Pflege entfallen häufig die in der somatischen Pflege notwendigen Zielaktivitäten und Aufgaben.
Hierdurch entsteht nicht selten ein „Vakuum“ des Rollenbildes, was die psychiatrische Pflege in besonderer Weise von der somatischen Pflege unterscheidet und wie eine aktive Rolle im Pflege- und Therapieprozess in Ergänzung zu ärztlichen und nichtärztlichen Tätigkeiten definiert werden kann.
Die Konzeption einer operationalisierten Pflegeplanung und –zielsetzung erfordert es, die therapeutischen Funktionen und Aufgaben von Pflegekräften zielgenau zu definieren, was in der Psychiatrie und Psychotherapie einer verhaltenstheoretischen Denkweise entspricht.
Die Übernahme einer (Co-) therapeutischen Funktion durch Pflegekräfte unter Supervision wird hierdurch an unterschiedlichen Stellen vorstellbar und definierbar. Hierzu zählen Qualifikationen im psychotherapeutischen Umgang mit psychisch erkrankten Menschen.
Hierzu gehören auch gruppenbezogene Fertigkeiten und Aktivitäten:

  • Wissen über die Vielfalt pflegetherapeutischer Gruppenkonzepte
  • Wissen um die Planung, Durchführung und Auswertung dieser Gruppen
  • Kenntnisse der Grundlagen der Leitungsfunktionen in Gruppen
  • Kompetenzen in der Durchführung psychoedukativer Gruppen
  • Kompetenzen, Entspannungsgruppen zu leiten

Beispielhaft für diese Entwicklung sei das Konzept an der Psychiatrischen Universitätsklinik in Hamburg erwähnt, wo in den 80er Jahren Pflegekräften mit spezifischer verhaltenstherapeutischer Ausbildung eine eigenständige psychotherapeutische Rolle in der Behandlung von Angst- und Zwangspatienten ermöglicht wurde.
So wurden Expositionen von agoraphobischen Patienten von erfahrenen Pflegekräften selbständig unter Supervision durchgeführt, die auch in den therapeutischen Teams eine aktive Rolle einnahmen.
Bedauerlicherweise wurde diese Entwicklung einer spezifischen psychotherapeutischen Orientierung im Berufsbild sowie in der Fachausbildung von Pflegekräften in der Psychiatrie und Psychosomatik nicht konsequent weitergeführt.

4.2. Unser Konzept der klinikinternen zertifizierten Zusatzbezeichnung “Co-Therapeut in psychologischer Medizin“ für Pflegekräfte in Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik

In unserer Klinik wurden schon in den 1990er-Jahren berufserfahrene und motivierte Pflegekräfte  mit der selbständigen Durchführung von psychoedukativen Gruppen bei Patienten mit Psychosen und Depressionen erfolgreich und zur Zufriedenheit der Mitarbeiter betraut.
Die Erfahrung zeigt aber, dass ohne eindeutige Bezeichnung dieser psychotherapeutisch wirksamen Tätigkeit sowohl für die Pflegekräfte, als auch für die Patienten unklar bleibt, wie die Berufsrolle der Pflegekräfte etwa im Vergleich zu akademischen Therapeuten definiert ist.
Dies führte aus Patientensicht nicht selten zur unangemessenen Abwertung dieser wichtigen Pflegeaktivität, da die Patienten die gleiche Tätigkeit - von Psychologen oder ärztlichen Psychotherapeuten durchgeführt - wirksamer bewerteten.
Studien sowie die klinische Erfahrung zeigen nachdrücklich, dass psychotherapeutisch wirksame Interventionen nicht primär mit dem akademischen Ausbildungsgrad korrelieren, sondern in gleicher Weise auch von anderen Berufsgruppen, so auch den Pflegekräften, sofern eine Qualifizierung erfolgt ist, durchgeführt werden können.

Daher möchten wir durch eine sichtbare Zusatzqualifikation von Pflegekräften das therapeutische Potenzial von Mitarbeitern dieser Berufsgruppe in unserer Klinik nutzen und konsequent weiterentwickeln.

im Herbst 2008 führten wir für engagierte und fachlich geeignete Pflegekräfte mit längerer Berufserfahrung die Zusatzbezeichnung „Co-Therapeut“ nach hausinterner Prüfung ein und eröffnen unseren Mitarbeitern somit die Möglichkeit, spezifische psychotherapeutische Funktionen im Interesse unserer Patienten zu übernehmen.
Diese Zusatzbezeichnung wird nach einem Prüfungsgespräch vergeben, in dem das Wissen über Grundlagen und Verfahrensweisen der Psychotherapie unterschiedlicher Richtungen nach Eigenstudium von Basistexten zur Gesprächspsychotherapie, Verhaltenstherapie, psychodynamischer Psychotherapie bzw. Psychoanalyse sowie themenzentrierter Interaktion geprüft wird.

Die Co-Therapeuten in psychologischer Medizin werden u.a. neben einzeltherapeutischen Funktionen selbständig – unter fachlicher Supervision – mit der Durchführung themenzentrierter Gesprächsgruppen mit Patienten unterschiedlicher Diagnosen (Gruppengröße 5 bis 6 Patienten) betraut.

5. Fachbezogene Fort- und Weiterbildungen

5.1. „Jahrestagung Psychiatrische und Psychosomatische Pflege

Am 7.10.2006 fand in unserer Klinik erstmalig für Mitarbeiter der Pflegeberufe in der Region eine ganztägige Weiterbildung statt, bei der in drei Referaten pflegespezifische Fragestellungen und Themen in der Psychiatrie und Psychotherapie behandelt werden.
Damit wurde für die Nordwest-Region erstmals eine klinikübergreifende Fachpflegetagung etabliert, die eine gezielte Weiterbildung und einen  Erfahrungsaustausch für die Pflegeberufe ermöglicht.
Diese Tagung wird im jährlichen Rhythmus im Herbst, jeweils unter einem neuen Leitthema, durchgeführt.
Der Workshopcharakter ermöglicht, dass die Referate von den Teilnehmer in Kleingruppen gehört und diskutiert werden können.

5.2. „Seminar Pflege in Psychiatrie und Psychosomatik“

Für die Pflegekräfte unserer Klinik wurde 2007 das „Seminar Pflege in Psychiatrie und Psychosomatik“ als interne Weiterbildung eingeführt.
Dieses wird seitdem zweimal im Jahr veranstaltet.
Das Besondere dieses Seminars liegt darin, dass es durch die Pflegekräfte selbst mit eigenen Kurzvorträgen (ca. 10 Min. EDV-Präsentation) zu unterschiedlichen Themen mit Diskussion gestaltet wird.
Jedes Pflegeseminar beinhaltet drei bis vier Kurzvorträge.
Dieses Fortbildungskonzept hat sich bewährt:  Die Teilnehmer bewerten die hohe Eigeninitiative und Atmosphäre als sehr konstruktiv und haben sich dadurch ein eigenes berufsspezifisches Forum geschaffen.

6. Literatur

Löhmer C, Standhardt R. TZI – Die Kunst, sich selbst und eine Gruppe zu leiten. Einführung in die Themenzentrierte Interaktion. Klett-Cotta, Stuttgart, 2006.

Sauter D, Abderhalden Ch, Needham I, Wolff St (Hrsg). Lehrbuch Psychiatrische Pflege, 2., durchgesehene und ergänzte Auflage, Hans Huber, Bern, 2006.

Thiel H, Jensen M, Traxler S (Hrsg). Psychiatrie für Pflegeberufe, 4. Auflage. Elsevier, Urban & Fischer, München, 2006.

Schädle-Deininger H. Fachpflege Psychiatrie, Elsevier, Urban & Fischer, München, 2006.

 

Chefärztin
Manoshi Pakrasi
Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie

 

Patientenanmeldung/
-aufnahme
Tel.: 05431.15-1743

Sekretariat:
Tel.: 05431.15-27 02
Fax: 05431.15-27 11
psychiatrie@ckq-gmbh.de

Leitender Oberarzt
Dr. med. Matthias Kaufold
Facharzt für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie

Oberärztin
Dr. med. Christine Lichtblau
Fachärztin für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie

Leitende Dipl.-Psychologin
Martina Hasenpatt
m.hasenpatt@ckq-gmbh.de